Öffentlich-rechtliche Staatsferne erneut ad absurdum geführt

Honorarzahlungen der Bundesregierung gefährden journalistische Unabhängigkeit

Eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion hat ergeben, dass Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) und privater Medien in den letzten fünf Jahren Honorarzahlungen in Millionenhöhe von der Bundesregierung erhalten haben (Drucksache 20/5822).

Dazu erklärt der medienpolitische Sprecher der Fraktion, Martin Erwin Renner:

„Die Zahlen der Bundesregierung offenbaren einen erheblichen staatlichen Geldfluss direkt in das Portemonnaie einzelner Journalisten. Seit 2018 flossen rund 875.000 Euro an Journalisten von ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutsche Welle. Die Regierung bezahlte diese Journalisten für Aufgaben wie Moderation, Vorträge, Medientraining oder einfach nur ihre Teilnahme an einer Podiumsdiskussion.

Auch Journalisten privater Zeitungen, Zeitschriften und der großen Privatsender wie SAT.1, RTL, Pro Sieben und n-tv wurden für ihre Dienste stattlich entlohnt. Hier überwies die Bundesregierung in demselben Zeitraum rund 595.000 Euro. Zu den Begünstigten zählen auch Vertreter der ‚Qualitätspresse‘ wie FAZ, Süddeutsche Zeitung, Der Spiegel und Die Zeit.

Fast alle Bundesministerien haben Journalisten mit bezahlten Dienstleistungen beauftragt, darunter auch das Bundeskanzleramt die Pro Sieben-Moderatorin Linda Zervakis für die ‚Moderation eines Gesprächs mit dem Bundeskanzler‘ Olaf Scholz im Juni 2022. Für dieses Interview und eine weitere Moderation wurde Frau Zervakis mit über 12.000 Euro fürstlich entlohnt.

Die Bundesregierung weigert sich aus ‚Datenschutzgründen‘ bislang, die Klarnamen der rund 200 Journalisten zu veröffentlichen. Dabei ist spätestens mit dem Skandal um das bezahlte Interview durch Frau Zervakis (‚Journalistin 97‘) klar, dass ein öffentliches Aufklärungsinteresse an den Geschäftsbeziehungen zwischen Regierung und Journalisten besteht.

Entgegen den Beteuerungen der Bundesregierung sieht die AfD-Bundestagsfraktion in den erfolgten Zahlungen einen Verstoß gegen das Prinzip der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Aber auch Journalisten privatrechtlicher Medien haben sich zu fragen, ob sie gegenüber der Bundesregierung wirklich so unabhängig sind, wie sie vorgeben. Bei einem durchschnittlichen Honorar von 7350 Euro pro Journalist ist nicht auszuschließen, dass die Auftragsvergabepraxis der Bundesregierung zu Gefälligkeiten und Abhängigkeiten geführt hat. Wir werden dieser Angelegenheit weiter nachgehen, um die Unabhängigkeit der Medien von regierungsseitiger Einflussnahme sicherzustellen.“

Skandal auch beim SWR

„Nach der RBB-Intendanten- und der NDR-Hofberichterstattungsaffäre ist der jüngste öffentlich-rechtliche Skandal auch beim SWR angekommen.“ Mit diesen Worten kommentierte der medienpolitische AfD-Fraktionssprecher Dr. Rainer Podeswa die Ergebnisse einer AfD-Bundestagsanfrage. „Danach haben die Bundesregierung und nachgeordnete Bundesbehörden seit 2018 Honorare im Wert von 1.471.828,47 Euro an Journalisten für Moderationen, Texte, Lektorate, Fortbildungen, Vorträge und andere Veranstaltungen gezahlt, davon 875.231,92 Euro an Journalisten des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks und der Deutschen Welle. Mit den nicht namentlich genannten Journalisten 28, 29, 62 und 67 waren auch vier SWR-Angestellte darunter – offenbar alles Männer, sonst wären sie ja sicher gegendert worden.“

Nicht enthalten sind „aus Gründen des Staatswohls“ Honorare, die der Bundesnachrichtendienst (BND) an Journalisten gezahlt hat, weil die Kooperationen des BND „besonders schützenswert“ seien, moniert der SWR-Rundfunkrat. „Diese Befunde führen die Staatsferne der Öffentlich-Rechtlichen erneut ad absurdum. Nicht nur, dass Werte wie Anstand, Moral, Charakter, Ehrlichkeit und Transparenz im Journalismus zunehmend schwinden – auch das Berufsethos des Journalismus weicht einem Selbstverständnis als Regierungspresseapparat in der Tradition der DDR. Hinzu kommt, dass diese Journalisten doppelt vom Volk kassieren: Einmal in Form der Zwangsabgabe und dann in Form von Steuergeld, das von der Regierung verschleudert wird. Wenn jemand eine solche Tuchfühlung von Staat und Journalismus zulässt, aber andererseits für Institutionen arbeitet, die sich als Stützen von Staatsferne und Demokratie gerieren, sind Fragen angebracht: An die jeweiligen Sender, die solche Vernetzungen zulassen, und die Ministerien, die das öffentlich-rechtliche Repertoire an journalistischen Kräften als Bedientheke empfinden. Diese Fragen werde ich SWR-Intendant Kai Gniffke, der gerade ARD-Vorsitzender ist, auch stellen.

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